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INTERVIEW 1993

Der Konzertsaal als Flugraum für exotische Vögel

Magdeburg. Das 9. Sinfoniekonzert der Magdeburgischen Philharmonie am 19., 20. und 21. Mai, jeweils um 20 Uhr im Theater am Jerichower Platz, steht im Zeichen des 3. Musikfestes Sachsen-Anhalt. Zwei bemerkenswerte Werke sind im Programm: Das Klavierkonzert „Oiseaux exotiques“ von Olivier Messiaen und „Sacre du Printemps“ von Igor Strawinski. Mit dem Solisten des Klavierkonzertes, dem Magdeburger Pianisten Hermann Müller, Direktor der Magdeburger Musikhochschule, führten wir ein Gespräch:

Das Klavierkonzert „Exotische Vögel“ („Oiseaux exotiques“) des im vergangenen Jahr verstorbenen französischen Komponisten Olivier Messiaen ist eine kleine Vogelkunde. Er hat die Rufe der Vögel in dieses Stück eingearbeitet.
Hermann Müller:

Dieses Stück verwandelt den Konzertsaal sozusagen in eine Freiflughalle für exotische Vögel. Es ist ein Stück, das ungeheuer Spaß macht.

Volksstimme: Es scheint eine ganze Reihe von Besonderheiten an diesem Konzert zu geben, können Sie uns einige nennen?
Hermann Müller:
Von Olivier Messiaen ist überliefert, dass er mit Tonbandgerät und Notenheft die Vögel belauscht hat, und zwar nicht unsere einheimischen, sondern exotische Vögel in Indien, China, Malaysia und Nord- und Südamerika. Sie alle führt er mit Akribie im Vorwort der Partitur auf, insgesamt sind es 47. Er hielt diese Vögel für Komponisten, und von ihm stammt der Ausspruch: Solange wir nicht wissen, was sie uns zu sagen haben, können wir annehmen, dass sie Musik machen.

Messiaen ließ also die Vögel die Musik komponieren?
Hermann Müller:

Wenn man so will, ja. Allerdings hat er daraus ein Wechselspiel der Instrumente gemacht und in alles in Form gebracht. Dabei spielen das Soloklavier, aber auch verschiedenste Schlagwerke, Klarinetten und Xylophon die herausragenden Rollen.

Wie ist die Gesamtwirkung des Stückes?
Hermann Müller:

Messiaen erweist sich als Nachfahre von Debussy und Ravel, was etwas über den Charme der Musik sagen soll. Das Stück ist leicht, hell und heiter.

Volksstimme - Kultur - 18. Mai 1993
Das Gespräch führte Ingeburg Friedrich


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