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INTERVIEW 2002 |
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Christian Ehwald dirigiert die 2. Sinfonie von Leonard Bernstein beim Konzert der Magdeburgischen Philharmonie am 5. und 6. September im Theater der Landeshauptstadt. Solist ist der Magdeburger Pianist Hermann Müller. Von jürgen Hengstmann
Magdeburg. Bernsteins Sinfonie mit dem Titel "Das Zeitalter der Angst" für Klavier und Orchester: "Ausgangspunkt der Sinfonie ist das 1947 entstandene gleichnamige Gedicht von W. H. Auden", erläutert Hermann Müller im Volksstimme-Gespräch. Bernstein war von dem Gedicht des englisch-amerikanischen Lyrikers (1907-1973) so fasziniert, dass er sich sofort entschloss, nach seiner Vorlage eine Sinfonie zu schreiben. Die Uraufführung war am 8. April 1949. Das Gedicht zeigt vier einsame Menschen: ein Mädchen und drei Männer, die sich in einer Bar an der Third Avenue zufällig kennenlernen. Sie sind alle unsicher und versuchen, sich durch Trinken ihren Konflikten zu entziehen oder sie so gut es geht zu lösen. Das verbindet sie, und sie beginnen, sich über die Probleme des Lebens zu unterhalten. Das Gedicht beschreibt die existenziellen Ängste der Menschen, hervorgerufen durch traumatisierende Kriegserlebnisse, durch die Unsicherheit der bürgerlichen Existenz, durch müden Pessimismus. Bernsteins Musik gibt diesen Inhalten Ausdruck, sagt Hermann Müller. Sie macht den Kontrast zwischen innerer verzweifelter Spannung und der Sehnsucht nach Frieden erlebbar. Und sie ist Ausdruck der Einsamkeit des Menschen im Tumult des Lebens und vermittelt eiri Gefühl nostalgischer Sehnsucht nach Liebe und Ruhe. Bernstein selbst bezeichnete sein Werk als "Essay über Einsamkeit".
Hermann Müllers Bekanntschaft mit der Sinfonie begann in den 80er Jahren. Er habe sie in einer Nacht zufällig beim "Zappen im Radio entdeckt", sagt er in dem Volksstimme-Gespräch. Schon damals war er gefesselt von der Plastizität der musikalischen Sprache, der Prägnanz des Ausdrucks, aber auch von der Vielgestaltigkeit der Mittel bis hin zum Jazz. An eine Aufführung in Magdeburg hatte er bereits zu jener Zeit gedacht, was freilich mit Blick auf kaum überwindliche Aufführungsrechtsprobleme wenig Aussicht hatte. Um die Kultur- Bürokratie zu umgehen, hatte Hermann Müller damals Bernstein in einem Brief persönlich um Unterstützung gebeten, aber keine Antwort erhalten.
Die Magdeburgische Philharmonie spielt die Bernstein-Sinfonie wenige Tage vor dem 11. September. Am Pult steht der Chef der Magdeburgischen Philharmonie, Christian Ehwald. Der Bezug zu diesem Datum sei sehr intensiv, sagt Ehwald in dem Volksstimme-Gespräch. Bernsteins Thema sind die existenziellen Ängste der Menschen. Und da sei' man schnell bei der Frage: Wie kann es dazu kommen, dass junge Leute zu solchen schrecklichen Taten motiviert werden? Freilich frage man sich auch nach den Wurzeln für den grenzenlosen Hass, den die westlichen Gesellschaften auf sich ziehen und der von den Terroristen instrumentalisiertwerde. "Der Komponist, sieht die Ursachen dieser Bedrohungen der Menschheit vor allem im Verlust des Glaubens", äußert GMD Christian Ehwald , im Volksstimme-Gespräch. Glaube sei aber gar nicht zuerst im religiösen Sinn gemeint, sondern generell als Bewahrung menschlicher Werte. Dieser heute oft beklagte Werteverlust ist das große Thema Bernsteins in dieser Komposition.
Im zweiten Teil des SinfonieKonzertes erklingt Beethovens Triple-Konzert. Solisten sind der ägyptische Pianist Ahmed Abou-Zahra, der israelische Cellist Gavriel Lipkind und der amerikanische Geiger John Marcus. Auch dieser Programmteil soll ein Zeichen in den Tagen um den 11. September sein, betont Orchesterchef Christian Ehwald. Drei Menschen aus Ländern der verfeindeten Blöcke finden über die Musik zu einer gemeinsamen Sprache.
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